"Fragile Agile" von Pavlo Baron und Michael Hüttermann

Buch Fragile AgileGespannt habe ich auf das neue Buch der Kollegen Baron und Hüttermann über die Zerbrechlichkeit der Agilität gewartet. Zu oft habe ich selbst Erfahrung damit gemacht, wie missverständlich Agilität aufgenommen und interpretiert werden kann. Zu oft habe ich selbst gesehen, wie man Agilität missbrauchen kann, sei es als Schutzschild für eigene Versäumnisse, sei es um ein Buzzword mehr in seinem Lebenslauf zu haben.
“In der freien Wirtschaft ist nur selten Platz für rein technische Spielereien. Gut, bei Google oder Microsoft vielleicht, deswegen zieht es da ja auch so viele Geeks hin, als wäre ihr Logo mit Honig beschmiert”
Heutzutage wird Agilität fast immer direkt gleichgesetzt mit Scrum und/oder Kanban.
Damit beginnt das Buch und räumt hier auch direkt mit dieser Fehlinterpretation auf, um in den folgenden Kapiteln Missverständnis für Missverständnis aufzuräumen. Hierbei gelingt es den Kollegen, man merkt ihnen die vielen Jahre Erfahrung an, durch geschickte Metaphern, trotz des eigentlich sehr anstrengenden Stoffs, den Leser bei Laune und beim Lesen und Verstehen zu halten. Zumindest erging es mir so. Es gibt wenige Fachbücher, die ich in 2 ICE-Sessions durchgelesen hatte und direkt auch rezensieren wollte.
“Truckfaktor: Die Anzahl von Menschen im Projektteam, die von einem Truck erfasst werden müssen, bevor das Projekt in ernsthafte Schwierigkeiten gerät”
Das Buch erläutert sachlich, manchmal durchaus auch ein wenig (bewusst) polemisch, direkte Implikationen innerhalb von Teams. Besonderen Wert legen die Autoren hier auf die sozialen Komponenten des Menschen im Teams: Motivation, Kommunikation und Nachhaltigkeit, wobei Letzteres aus meiner Sicht ein klein wenig zu kurz kommt.
“Sie arbeiten schnell und somit agil? Falsch! Agil heißt, den Kunden zufriedenzustellen, nicht schnell etwas herunterzuklopfen”
Was man aber nicht erwarten darf, sind die 10 Tipps, die es dem Mitarbeiter im Projekt einfacher machen, erfolgreicher, effizienter zu arbeiten. Vermutlich ist das auch Absicht, damit der Leser mehr nachdenkt und nicht “stumpf” einem Katalog von Pattern folgt 😉
Die Beispiele und Berichte aus der realen Welt sind durchaus stimmig gewählt und bringen viele der Argumente noch klarer zum Vorschein. Besonders in den Kapiteln 9 und 10 (Funktionierende Software, Nachhaltige Geschwindigkeit) wird sich sicherlich fast jeder Entwickler wieder finden und die Argumente bestätigen können.
Als Ergänzung liegt dem Buch übrigens ein Gutscheincode für einen eBook Download bei! Hierfür muss man dem Hanser Verlag dicken Respekt zollen!
Ich kann dieses Buch jedem Projektleiter, jedem Entwickler aber auch jedem “Chef” nur wärmstens empfehlen, um zu begreifen, wie die sozialen Aspekte direkt auf den Projekterfolg einwirken. Was ich besonders gelungen finde, ist das sich das Buch nicht an Knaben oder Serum entlang hangelt, sondern auch deutlich macht, dass Agilität zuerst einmal nichts mit einem Prozess- / Vorgehensmodell zu tun hat, sondern eigentlich schlicht das Zusammenwirken sozialer Komponenten in einem Team von “Machern” ist.
Das ist eines der Bücher, obwohl deutschsprachig, welches wirklich jeder einmal lesen sollte, der es mit Agilität ernst nimmt! Kurz, knackig, ohne Buzzwordanhäufung und wilde Tipps, sondern viel mehr zum selbst nachdenken anregend! (und das ist aus meiner Sicht wiederum agil 🙂 )
“Design is not what it looks like and feels like. Design is how it works!” (Steve Jobs)